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Medizinische Hilfsgüter für das Kinderkrankenhaus in Poltava

30. November 2019

Fast jeder Hilfsgütertransport hat eine eigene Entstehungsgeschichte. Und nur die wenigsten Transporte sind mit ein paar wenigen Telefonaten organisiert. Als wir am 19. März 2019 ein einfaches Email von Frau Römpp aus Deutschland erhielten, ahnten wir noch nicht, wie schwierig es wäre, ihren Wunsch zu erfüllen, ein paar medizinische Geräte, welche sie aus einer Arztpraxis erhalten hatte, an ein Kinderkrankenhaus in Poltava zu schicken. Zweifellos waren die Geräte wertvoll und würden sicher gerne von jedem Krankenhaus in der Ukraine angenommen. Aber es handelte sich lediglich um 5 Geräte, ein Ultraschallgerät, ein EKG, ein Mikrowellentherapiegerät, einen Autoklaven, mit dem man Instrumente sterilisiert und ein Thermo-Versiegelungsgerät. Alles in allem Geräte mit einem Transportgewicht von vielleicht 50-60 kg, welche rund 2‘300 km in die Ostukraine in ein Spital zu transportieren wären, welches wir noch nie zuvor beliefert hatten. Glücklicherweise gab es dort einen zuverlässigen Kontakt in der Person von Christoph Brumme, ein bekannter Schriftsteller und Journalist aus Deutschland, der seit einigen Jahren für die 'Europäische Initative Poltava' vor Ort tätig ist und die Zuteilung an die Spitäler übernehmen würde.

 

In solchen Situationen wünscht man sich ein Zauberstöckchen, mit dem man die 5 Geräte schnell und einfach an das Zielort zaubern könnte. Weil es ökonomisch keinen Sinn macht, eine so kleine Last in die Ukraine zu transportieren. Die Kosten für den Fahrer, das Benzin und die Rückfahrt würden den Wert der Geräte bei weitem übersteigen. Also ging es darum, die restlichen 5-6 Tonnen Zuladung zu finden, welche für die Spitäler in Poltawa genauso nützlich wären und damit einen Sattelschlepper zu füllen, der das Frachtgeld wert ist. Nach mehreren ausführlichen Telefonaten mit Christoph Brumme in Poltawa wurde schliesslich klar, dass es sich in erster Linie um ein Kinderkrankenhaus handelte, welches Bedarf an medizinischen Geräten, medizinischem Verbrauchsmaterial und Kinderpflegebetten hatte.

Etwa einen Monat und etliche Telefonate später, mit welchen wir die Kindereinrichtungen und -Spitäler im Süddeutschen Raum nach medizinischem Austauschmaterial abgefragt hatten, wurden wir fündig. Das Kinderkrankenhaus Atemreich in München, mit welchem wir bereits früher Kontakt hatten, stellte uns einige Kinder-Pflegebetten sowie etliches Verbrauchsmaterial zur Verfügung. Zusätzliche Zuladung für etwa 20% eines Sattelschleppers.

Eines der Kinderkrankenbetten, welches das Kinderkrankenhaus Atemreich in München zur Verfügung stellte.

Nun wäre es ein leichtes gewesen, den Rest des Sattelschleppers mit allgemeinen Hilfsgütern für die bedürftige Bevölkerung und vor allem für die vielen Flüchtlingsfamilien, welche aus den nahegelegenen umkämpften Zonen in der Ostukraine (Lughansk und Donezk) geflohen waren, zu füllen. Aber Christoph Brumme hatte weder die Infrastruktur noch die Leute und die Erfahrung, die dazu nötig sind, solche Hilfsgüter in den Dörfern der Poltava-Region zu verteilen.

Also beschlossen wir, die Ladung aufzuteilen und den grössten Teil des Sattelschleppers einer Hilfsorganisation zur Verfügung zu stellen, welche die Verteilung von Kleidern, Bettzeug, Schuhen, Matratzen und Hygienemitteln übernehmen würde. Über die Caritas-Zentrale in Kiew wurde alles entsprechend eingefädelt, so dass wir sicher sein konnten, dass der Hilfsgütertransport schliesslich sauber abgewickelt und die notwendigen administrativen Papiere für den Zoll und die humanitäre Kommission in Kiew erstellt würden, welche sämtliche Hilfsgüterlieferungen, die ins Land kommen, kontrolliert.

In Erding wird der Sattelschlepper mit 20 Paletten Kleidern und weiteren Hilfsgütern beladen.

Am 8. Mai, fast zwei Monate nach dem ersten Kontakt mit Frau Römpp, wurde der Sattelschlepper schliesslich beladen. Zuerst in München, wo die medizinischen Hilfsgüter der Kinderklinik Atemreich geladen wurden, dann in Erding, wo rund 20 Paletten mit Kleidern und weitere Hilfsgüter zugeladen wurden. Die medizinischen Geräte von Frau Römpp wurden zuvor bei ihr abgeholt und an die zweite Ladestelle gebracht, wo sie als letztes eingeladen wurden. 5 Tage später traf der LKW in Kiew ein, wo sämtliche Hilfsgüter abgeladen und bis zur Freigabe durch die Hilfsgüterkommission in Kiew in ein Zollfreilager verbracht wurden.

Am 12. Juni erhielten wir schliesslich das Email von Christoph Brumme, dass der LKW mit den medizinischen Hilfsgütern wohlbehalten in Poltawa eingetroffen war. Die Kinderkrankenbetten, die Geräte von Frau Römpp und die Kartons mit dem medizinischen Verbrauchsmaterial wurden in ein kleines Lager entladen, von wo sie später an die verschiedenen Abteilungen des Kinderspitals, sowie an ein Spital in Novy Sanschary ausgegeben wurden.

 

In seinem Bericht schreibt Christoph Brumme über die Verteilung: „Trotz vieler Reformen und Verbesserungen im ukrainischen Gesundheitswesen herrscht in den meisten Krankenhäusern noch immer ein großer Bedarf an medizinischen Hilfsgütern. Deshalb war es für unsere NGO 'Europäische Initiative Poltawa' ein besonderer Tag, als wir in diesem Sommer von der Osteuropahilfe eine LKW-Ladung mit medizinischer Technik und Krankenbetten für das Kinderkrankenhaus von Poltawa bekamen. Und zu unserer Überraschung waren unter den Spenden auch viele Spielsachen!

Mit Hilfe unserer Partnerorganisation 'Dscherelo' von der Ukrainischen Orthodoxen Kirche konnten wir diese Spenden an die Ärzte und Abteilungen übergeben, wo sie am dringendsten benötigt werden, unter anderem an die Frühchen-Station der Geburtenklinik. Über die Spielsachen haben sich unter anderem Kinder im Ferienlager von Dscherelo gefreut, wo sich auch Kinder aus den Kriegsgebieten erholen konnten. In das dortige Krankenhaus von Novy Sanschary haben wir auch eines der - elektronisch verstellbaren - Kinderbetten gebracht.

Solche Hilfsaktionen sind natürlich nur möglich, wenn viele Helfer miteinander zusammenarbeiten. Glücklicherweise haben wir in Poltawa genug Menschen, die sich unentgeltlich engagieren, um Kindern zu helfen und ein besseres Leben zu ermöglichen.“

Christoph Brumme hat ein kurzes Video-Interview mit den Ärzten des Kinderkrankenhauses in Poltava gemacht, dass Sie sich mit deutschen Untertiteln ansehen können.

(c) Christoph Brumme

Wir freuen uns und danken allen Beteiligten, dass auch dieser Hilfsgütertransport – einer von 166 Sattelschleppern dieses Jahr - mit seiner wertvollen Fracht sicher an seinem Bestimmungsort angekommen ist. Diese etwas ausführliche Geschichte steht exemplarisch für die vielen Menschen und Anstrengungen, die hinter jedem einzelnen humanitären Transport stehen. Angefangen von unseren Gönnern und Spendern, welche die finanziellen Mittel geben, damit wir überhaupt aktiv werden können. Dann die Firmen, Spitäler und Organisationen, welche uns die Hilfsgüter zur Verfügung stellen und schliesslich die vielen freiwilligen Helfer und Helferinnen, welche in Westeuropa die Beladung und in Osteuropa die Verteilung übernehmen. Jeder einzelne von ihnen ist wichtig, damit Wünsche in Erfüllung gehen und Hilfe tatsächlich ankommt.

Jahresbericht 2019

166 Hilfsgütertransporte wurden dieses Jahr durch die Osteuropahilfe durchgeführt. An jedem zweiten Tag wurde irgendwo ein Sattelschlepper beladen und an die Brennpunkte der Armut gebracht. Zu jedem dieser Transporte könnte man jeweils eine kleine Geschichte schreiben; über die Menschen, die Hilfe erhalten und ihre Dankbarkeit, weil jemand da ist, der ihr Schicksal teilt und ihnen Unterstützung und Hilfe zuteil werden lässt.
Wenn Sie sich ein Bild davon machen wollen, schauen Sie sich den diesjährigen Jahresbericht an, der einen kleinen Ausschnitt unserer Tätigkeiten in Osteuropa zeigt.

Klicken Sie bitte auf das Bild um den Jahresbericht zu öffnen.

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