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erschienen in der Winterthurer-Zeitung
am 1. Februar 2017
von Tamara Schäpper
1000 Kinder teilen sich einen Ball. In den Schulen gibt es zu wenig Tische und die Spitäler röntgen mit einem Gerät aus den 70er Jahren. Die Situation in Osteuropa ist gravierend. Hilfe ist dringend nötig. Renata Zuppiger sammelt Hilfsgüter. Bisher in Thalheim. Ab Freitag monatlich in Seuzach.
Thalheim/Seuzach Bislang hat Renata Zuppiger die Hilfsgütersammelstelle für die Osteuropahilfe im Untergeschoss ihres Hauses in Thalheim eingerichtet. Dort hat sie gesammelt und eingepackt. Das Handling war bequem aber nahm viel Zeit in Anspruch. Oft hat sie auch ausserhalb der Annahmezeiten Kisten für den Abtransport gerichtet. Jetzt aber braucht sie die Räume anderweitig. Das heisst, die Pakete werden in der Garage gelagert und im Wohnzimmer gepackt. Eine Belastung für alle Beteiligten. «Irgendwo muss man als Familie einen Raum haben, wo man als Familie sein kann.» Im Sommer wurde für Zuppiger klar, entweder sie findet einen externen Raum oder sie muss aufhören. Nach langer Suche fand sie die Möglichkeit, im katholischen Pfarreizentrum Seuzach einen Bunkerraum für einige Stunden in der Woche benutzen zu dürfen.
In Seuzach wird Zuppiger ein Bunkerteil zur Verfügung gestellt. Angenommen wird alles. «Es geht nicht nur um Teddys», betont Zuppiger. Medizinisches Material, Musikinstrumente, Kleider, Schuhe, Geschirr, Möbel. Auch Ware, die man selber vielleicht nicht mehr brauchen kann. Nicht mehr brauchen würde. Sachen, die man wirklich nicht mehr brauchen kann, werden beim Einpacken aussortiert. Kriterium: Sind die Sachen ganz und sauber? Wobei sich auch Zuppigers Ansprüche von Zeit zu Zeit geändert haben.
Im Sommer vor einem Jahr fuhr Zuppiger mit ihrer Familie in die Ukraine. Es war Krieg. Sie reist nicht gerne mit viel Gepäck. Der Freiraum in den Koffern sollte mit Shampoo und Duschmitteln gefüllt werden. Ihr Mann ging einkaufen. Zurück kam er mit zwei Nivea und haufenweise M-Budget Duschmitteln. «Da muss man sich ja schämen», reagierte Renata Zuppiger. Eingepackt wurde es trotzdem. Noch heute entschuldigt sich Zuppiger bei ihrem Mann für ihre Reaktion. Sie erzählt: «Es ist nicht normal, dass wir so denken. Wenn man nichts hat, nur den Kübel Wasser im Zugbrunnen, zu welchem man noch 500 Meter laufen muss, ist man froh um alles. Und wenn man um zum Dorf zu kommen 15 bis 20 Kilometer zur nächsten Bushaltestelle laufen muss, den Einkauf schleppen muss, interessiert es nicht, ob man M-Budget oder Nivea Shampoo bekommt.» Ein Erlebnis, das Zuppiger nicht nur lehrte, in welchem Luxus wir leben, sondern sie auch darin bestärkte, dass es richtig ist, was sie macht.
Im Pfarreizentrum Seuzach darf nichts gelagert werden. Die Kisten werden während der Annahmezeit im Bunker abgestellt und gepackt. Dann vom Chauffeur abgeholt. Gleich danach muss der Bunker leer geräumt sein. Zuppiger ist froh, diesen Raum zu haben. Dennoch wäre ein Lagerraum praktisch. Trotz intensiver Suche blieb sie aber erfolglos. Der Raum müsste ihr zur Verfügung gestellt werden. Dafür könnte sie ihre Annahmezeiten ausbauen. Ein Projekt wie «Weihnachtspäckli» wäre möglich. Zuppiger ist überzeugt, es gäbe genügend leerstehende Räume in der Umgebung. Die Vorurteile der Leute seien aber noch immer zu gross: «Osteuropa ist unpopulär. Spender sind eher gewillt, einem Schwarzafrikaner etwas zu geben als einem Polen oder Ukrainer. Noch immer haben sie den Ruf von Zigeunern und Einbrechern.»
Denkt man über Zuppigers Worte nach, merkt man, wie viel man zu geben hätte. Auch Spitäler, die ihre Geräte austauschen. «Würde man alles, was man unter dem Aspekt der gewährleisteten Hygiene spenden, wäre das wie 7mal Weihnachten in Osteuropa.» Wieder erzählt sie aus Erlebnissen: In einem Spital in der Ukraine wird mit einem Röntgengerät aus den 70er Jahren geröntgt, das aussieht wie ein Haartrockner. Andere Geräte gibt es nicht. Der OP-Saal ist zwar sauber, aber die Kacheln bewegen sich. Unvorstellbar.» Spenden kostet niemand etwas. Man muss aber das Bewusstsein haben, dass andere von den Dingen noch profitieren könnten. «Wir leben in so einem Luxus, dass wir nicht realisieren, was andere brauchen könnten.»
Die Annahmestelle im katholischen Pfarreizentrum, an der Reutlingerstrasse 52 in Seuzach, ist jeden ersten Freitag im Monat von 14 bis 16 Uhr offen. Für das Einpacken und Sortieren sucht Renata Zuppiger noch freiwillige Helfer. Interessierte können sich bei ihr (052 336 22 59) melden. Zusätzliche Informationen finden Sie hier.